Wie die Sonne in das Land Malon kam

Erzähler: Es war einmal ein Land, das lag versteckt hinter hohen Bergen. Die Sonne war niemals über die Spitzen der hohen Berge gekommen. In diesem Land war immer Nacht, stockfinstere Nacht.
Einige Kinder kommen, sind dunkel gekleidet und tragen ein schwaches Licht.
1. Kind: Wir sind Malonen, die Bewohner dieses dunklen Landes. Wir tragen immer Lichter mit uns herum, damit wir einen Schimmer in der Dunkelheit haben.
2. Kind: Jeder von uns wohnt ganz allein in seinem Haus. Aus Angst haben wir unser Haus mit einer hohen Mauer umgeben.
3. Kind: Bei uns ist es sehr dunkel. Gemeinschaft und Freundschaft kennen wir nicht. Niemand mag den anderen. Niemand will mit dem anderen zu tun haben.
4. Kind: Bei uns ist es immer kalt, eiskalt ist die Atmosphäre. Wir helfen einander nicht. Wir leuchten dem anderen nicht, wenn sein Licht erloschen ist. Jeder denkt nur an sich, ist mißtrauisch, unzufrieden und unfreundlich.
5. Kind: Wir Malonen haben alle dunkle und finstere Gesichter, denn glückliche und frohe Menschen gibt es bei uns nicht.
Erzähler: Eines Tages kommt ein Fremder nach Malon, in das dunkle Land hinter den hohen Bergen.
Ein Kind kommt. Er hat ein freundliches Gesicht. Seine Augen leuchten, sein Gesicht strahlt. Die Malonen sehen ihn verwundert an.
Sie versammeln sich um ihn. Der fremde Mann schaut erstaunt auf das dunkle Land, auf die traurigen, dunklen Menschen. Fremder: Warum ist es in diesem Land so dunkel? Warum ist es bei euch Nacht, stockfinstere Nacht?
1. Kind: Was willst du denn hier? Noch nie ist ein Fremder zu uns gekommen. Warum kommst du? Fremder: Wo ist denn die Sonne? Scheint sie bei euch nie?
2. Kind: Sonne? - Was ist denn das? - Davon haben wir noch nie etwas gehört!
Fremder: Hat euch noch nie jemand etwas von der Sonne, von dem Licht des Himmels, erzählt?
3. Kind: Erzähle uns etwas von der Lampe am Himmel, von dem himmlischen Licht!
Erzähler: Da erzählte der helle, freundliche Mensch den Malonen von der Sonne, von dem Licht des Himmels.
Fremder: Die Sonne bringt den Tag. Sie vertreibt alle Dunkelheit. Sie schenkt mit ihrem strahlenden Licht Wärme und Leben. Die Sonne hat viel Kraft. Sie kann mit ihren Strahlen alles verändern, verwandeln. Sie macht strahlend, worauf ihre Strahlen fallen.
Malonen staunen: Ah! - Oh! -
Fremder: Die Sonne weckt mit ihrem Licht neues Leben. Sie läßt alles blühen, wachsen und reifen. Im Licht der Sonne öffnen sich Knospen und Blüten. Auch die Menschen öffnen sich, wenn es hell und warm ist. Sie werden glücklich und schenken einander Freude.
4. Kind: Das ist ja wunderbar! Erzähle weiter!
Fremder: Tiere, Blumen und Menschen leben vom Licht der Sonne, von ihrer Wärme und ihrer heilenden Kraft.
Erzähler: Der freundliche Mensch, der wie ein Licht für die anderen ist, erzählt viele schöne Sonnengeschichten aus seinem Leben. Er erzählt vom Licht, vom Glück und von der Freude.
5. Kind: Was du uns erzählst, ist wunderbar! Ob unser dunkles Land und unser dunkles Leben auch hell und warm werden können? Fremder: Ja, das ist möglich, wenn ihr euch für das Licht und füreinander öffnet. Wer liebt, öffnet sich dem Licht, der Sonne. Das Licht will auch zu euch kommen und euch erlösen aus aller Dunkelheit. Erzähler: Die Menschen horchen mit Augen und Ohren. Immer mehr kommen aus ihren dunklen Häusern und setzen sich zusammen.
1. Kind: Gut, dass du gekommen bist! Durch dich erleben wir zum erstenmal Gemeinschaft.
2. Kind: Ich spüre, dass in mir die Sehnsucht nach Licht und Wärme immer größer wird.
Fremder: Ich muß nun euer Land wieder verlassen!
3. Kind: Nein! Bleibe bei uns! Ohne dich wird es wieder ganz dunkel.
Fremder: Wer von der Sonne erzählt, der muß sie auch immer wieder sehen und spüren, sonst wird ihr Bild in ihm ganz schwach. Ein Mensch, der sich nicht mehr der Sonne aussetzt, wird blaß. Er hat keine Leucht- und Strahlkraft mehr. Wer keine Sonne in sein Leben einläßt, der kann auf die Dauer auch kein Licht verbreiten, keine Wärme, keine Freundlichkeit, kein Glück. Erzähler: So nahm der Fremde Abschied und zog weiter. Die Malonen waren traurig.
4. Kind: Was sollen wir jetzt tun? Sollen wir wieder in unsere dunklen Häuser zurückkehren?
5. Kind: Sollen wir uns wieder einsam und allein hinter hohen Mauern verkriechen?
1. Kind: Das würde uns wieder einsam machen! Wir können doch zusammenbleiben, miteinander reden und essen. Wir können doch auch einander helfen und froh machen!
2. Kind: Wir haben doch jetzt erfahren, wie schön Gemeinschaft ist. Wir stellen unsere vielen Lichter zusammen, dann haben wir ein größeres Licht. Kinder stellen ihre Lichter zusammen.
Erzähler: So bleiben sie zusammen, leben und arbeiten miteinander. Immer wieder erzählen sie sich von dem Mann, der so viel vom Licht und vom Leben gesprochen hat und der selbst ein Licht für sie gewesen ist. Eines Tages geschieht das Wunder. Es wird hell und heller. Hinter den Bergen steigt strahlend und schön die Sonne empor. Sie glänzt wie pures Gold. Die Malonen freuen sich.
3. Kind: Seht das Licht! Licht kommt in unsere Dunkelheit!
4. Kind: Licht kommt in unser dunkles Leben! Licht, auf das wir schon so lange gewartet haben, leuchtet bei uns auf!
1.-5. Kind: Licht! - Licht! Alle strecken sich dem Licht entgegen.
Erzähler: Alle strecken sich der Sonne, dem Licht entgegen. Die Menschen, die im Dunkeln wohnten, sehen ein großes Licht. Voll Freude singen und tanzen sie, weil es endlich hell geworden ist.

Spiel nach: Mühlenberger: Wie die Sonne im das Land Malon kam.
in: H. Laarmann, Mit Märchen und ihren Sinnbildern. Freiburg: Herder 1987