Die christliche Deutung des Todes

-- Ein Unterrichtsmodell für die Jgst. 8 - 10 --

Zur Unterrichtsreihe:

Die hier beschriebene Unterrichtsstunde ist eingebettet in eine Reihe mit dem Thema "Gibt es ein Leben nach dem Tod?" Die Themen der einzelnen Stunden waren:

Das Reihenthema wird in dieser Form weder in den Richtlinien noch in den Lehrbüchern formuliert. Es wurde von der Lerngruppe gewünscht und entspringt der momentan wieder aktuellen Diskussion über postmortale Existenzweisen und Seelenwanderung. Die curriculare Anbindung des Themas erschließt sich in der Verknüpfung der Schwerpunkte für die Jgst. 10 in den Richtlinien: "Reich Gottes" und des Leitmotives im Grundlagenplan: "... als Christ handeln". Diese Reihe - und darin besonders die hier beschriebene Stunde - ist Ausgangspunkt zur Überwindung dualistischer Vorstellungen und zeigt Konsequenzen der christlichen Auferstehungshoffnung für das diesseitige Leben auf.


Zur Stundenplanung:

Während die ersten beiden Stunden einen eher phänomenologischen Einstieg bilden, bringt diese Stunde eine christliche Sichtweise der Problematik ins Blickfeld der Schüler. Es wird gewünscht, eng bei den Schülern und ihrer bisherigen Sichtweise ansetzend, diese im Sinne eines entdeckenden Lernen dazu zu bringen, zunächst eigenständig eine Formulierung des christlichen Standpunktes zu entwickeln und diese in einem zweiten Schritt an der christlichen Formulierung zu überprüfen. Da es hier immer sehr schwierig ist, die Erfahrungen und das Vorwissen der Schüler einzuschätzen, wird die Feststellung, dass im Kreuz Leben und Tod vereint sind, ggf. besonderer Sorgfalt bedürfen. Die Einheit von Kreuz und Auferstehung und deren zentrale Stellung im christlichen Glauben muß klar zum Ausdruck kommen.


Methoden und Medien:

Im Mittelpunkt dieser Unterrichtsstunde steht die Betrachtung der Fotografie eines Grabsteines1. Dieses Bild veranschaulicht in unwahrscheinlicher Dichte den christlichen Glaubensinhalt.

Das Tafelbild (evtl. auch auf Folie) veranschaulicht die Struktur des Steines uns dient damit der Verständigung über Deutungsansätze.

Der Text von Paulus (1Kor 15,12-14) bringt in aller Kürze die notwendige theologische Vertiefung. (s.u.)

Die Vorbereitung des Textes geschieht in Partnerarbeit, um die zwei Ebenen Texterarbeitung und theologische Deutung bzw. den Transfer auf das Bild auch strukturell zu trennen.

Die Hausaufgabe regt zu einer Weiterführung der Auseinandersetzung mit dem Stundenergebnis an und bereitet die Konkretisierung der Vorstellungen in der folgenden Stunde vor.


Gedanken zur Bildbetrachtung:

Es handelt sich bei dem Monument um einen Grabstein. Auffällig ist die roh behauene Art und der augenfällige Einschnitt im Stein. Tatsächlich handelt es sich hier um zwei Steine, die so passend ineinandergefügt sind. Zunächst drängt sich der Gedanke auf, dass das Kreuz einen Riß hat (auch der Gedanke wäre es wert, weiter gedacht zu werden), dann lassen sich aber auch zwei stilisierte Hände erkennen, die sich geradezu ineinander zu verkrallen scheinen. Eine Hand reicht aus dem Grab heraus, die andere hält sie fest oder zieht sogar an ihr. Auf der Seite des Todes die eine, auf der Seite des Lebens die andere, der Tod ist der Einschnitt, der beide trennt. Damit trennt er auch das Leben vor dem Tod, das tödliche Leben von dem nachher, dem nicht begrenzten wahren Leben. Aber im Tod sind auch beide vereint, sie ergänzen sich: Tod und Leben gehören zusammen, weil erst im Tod das wahre Leben beginnen kann. Leben, Tod und Auferstehung werden im Kreuz gemeinsam dargestellt.


Zur Vorgehensweise:

Die Fotografie des Grabsteines wird hinreichend groß auf Folie kopiert. Es empfiehlt sich, sie ohne Kommentar auf den OHP zu legen und zunächst den Schülern hinreichend Zeit zu lassen, sich auf das Bild einzustellen und eine längere ebenfalls kommentarfreie Spontanphase anzuschließen2. Zur weiteren Besprechung des Bildes ist es hilfreich eine zweite Folie bereitzuhalten, auf der nur die Konturen des Steines gezeichnet sind. Unterschiedliche Assoziationen und Deutungen können auf diese Weise sofort an die passende Stelle auf dem Stein geschrieben werden, was im Bild nur sehr schlecht möglich ist3. Die Schüler haben die Möglichkeit, die wesentlichen Deutungsansätze direkt auf ein gleich gestaltetes Arbeitsblatt zu übernehmen. Dies wird übrigens aus lernpsychologischer Sicht besser verinnerlicht, als reiner Fließtext, bzw. schülereigene Mitschriften. Der Text von Paulus (1Kor 15,12-14) bringt die notwendige theologische Vertiefung. Paulus antwortet auf Anfragen offensichtlich unsicherer Gemeindemitglieder, die den Tod als Grenze, als Einschnitt (vgl. Bild) erfahren. Paulus setzt die christliche Auferstehungshoffnung, die in Leben, Tod und Auferstehung Jesu - symbolhaft also im Kreuz - grundgelegt ist dagegen. Der im Prinzip kommunikationstheoretische Zugang zum Text bietet den Schülern die Möglichkeit zur Identifikation mit den Briefadressaten, zur Auseinandersetzung mit deren Fragen und damit auch zu der Einsicht, dass diese Botschaft letztlich Glaubenssache ist und damit auch ihre Fragen erlaubt sind.


Anmerkungen:

  1. Foto: Straßer, G.: Der Grabstein von Münnerstadt. incl. Kommentar: Straßer, M. u. G.: Das Lichtbild. in: Groß, Engelbert (Hrsg.): Alternativen zum vertexteten Religionsunterricht. Düsseldorf: Patmos 1979. S. 34ff
  2. zur allgemeinen Methodik der Bildbetrachtung vgl. besonders Lange, Günther: Die Betrachtung von Bildern der Kunst im RU. in: Katechetische Blätter, o.J.
  3. vgl. dazu das mögliche Folien-/Tafelbild

Verfasser: Winfried Rademacher

Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht in: rhs (Religionsunterricht an höheren Schulen), Themenheft: Tod und Reinkarnation. Nr. 1/89. Düsseldorf: Patmos 1989




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